„Kultur ist die Königsdisziplin des Gestaltens.“ Dieser Aussage würden wohl viele Kulturakteur:innen zustimmen. Doch was steckt dahinter? Welche Möglichkeiten des Gestaltens im Hinblick auch auf Kulturpolitik und Kulturverwaltung und im Kontext von Stadtentwicklung und Stadtplanung gibt es tatsächlich? Diese und noch vielen weiteren spannende Fragen wurden mit Dr. Tobias J. Knoblich, Dezernent für Kultur und Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Erfurt und Präsident der kulturpolitischen Gesellschaft, beim Kulturlabor #2022 in Innsbruck erörtert.
Zusammenschluss von Kultur und Stadtentwicklung – geht das?
Nach seiner Wahl zum Dezernenten entschied sich Tobias J. Knoblich bewusst für die Kombination von Kultur und Stadtentwicklung/Stadtplanung als Ressorts seines Dezernats. Denn seiner Meinung nach ist Kultur der „Motor für Stadtentwicklung“. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass man in der eigenen Arbeit das Gespür für Orte, sprich Rüume entwickelt, die Zukunftspotenziale aufzeigen. Als Beispiel nennt Knoblich den Erfurter Norden, welcher aus der freien Szenen heraus unter anderem durch Vereinsgründungen und Veranstaltungen eine wesentliche Aufwertung erhielt und folglich für Investoren interessant wurde. Ein Beispiel, wie Kultur tatsächlich Stadtentwicklung möglich macht.
Als Ergebnis dieser erfolgreichen Symbiose zwei scheinbar konträrer Themengebiete, ist die Aufwertung der Kultur als Fachbereich und deren Reputationsgewinn, so Knoblich. Die Befürchtung, dass Kultur durch die Zusammenlegung als Werkzeug für Stadtentwicklung degradiert werde, ist nie eingetreten, das Gegenteil konnte bewiese werden.
Rolle der Verwaltung in der Stadtentwicklung
Die Rolle der Verwaltung darf bei der Entwicklung von Stadtteilen oder Quartieren jedoch nicht überschätzt werden und muss differenziert betrachtet werden. So war zwar die Verwaltung an der Entwicklung beispielsweise des Zughafens (http://zughafen.de), dem Erfurter Kulturbahnhof, führend mitbeteiligt, hatte aber in der Entwicklung und Aufwertung des Erfurter Nordens nur eine untergeordnete Rolle. Dabei ist anzumerken, dass man als Verwaltung auch den nötigen Raum für solche Entwicklungen bereitstellen muss und zusätzlich dazu auch als Vernetzungsplattform und Unterstützer auftritt. „Aber auch ein Amt kann als Raumpionier auftreten“, ergänzt Tobias Knoblich. So können leere Flächen in der Stadt mit Konzerten bespielt werden und so Orte, die zuvor kaum Bedeutung hatten, wieder mit Leben erfüllt werden.
Die Zukunft der Kulturhäuser in einer Stadt
Eine tagesaktuelle Herausforderung sind stadteigene Kultureinrichtungen. Es gilt, sich grundlegend Gedanken darüber zu machen, welche dieser Häuser hinkünftig auf guten Beinen stehen und welche eine grundlegende Überarbeitung benötigen. „Kultur ist nur dann lebendig, wenn sie sich immer wieder neu organisiert wird“, so der Erfurter Dezernent. So tut es jeder Kultureinrichtung einer Stadt gut, sich grundlegend über die eigene Zukunft Gedanken zu machen. Dabei gilt es die Häuser inhaltlich und räumlich neu zu denken und einen möglichst niederschwelligen Zugang zu wählen. Im Kontext von Museen heißt das beispielsweise, dass es nicht mehr darum geht, Ausstellungsgegenstände aus der ganzen Welt einschiffen zu lassen, sondern sich um das eigene Depot zu kümmern und dieses der Außenwelt zu präsentieren.
Vorbild für andere Städte
Als Fazit dieses pionierhaften Versuch, Kultur mit Stadtentwicklung zusammenzuführen, kann Knoblich diese Zusammenspiel als Empfehlung für jede Stadt auszusprechen. Es gibt genügend Abhandlungen in der Literatur, die sich schon lange mit dem Verhältnis von Kultur und Stadt auseinandersetzen und eine fundierte Grundlage für eine solche Zusammenlegung liefern. Ein weiterer Grund für eine Zusammenlegung ist die Tatsache, dass es die kulturelle Wahrnehmung einer Stadt deutlich stärkt.