Anbei einige Fehlerquellen, die bei einer Europäischen Kulturhauptstadt im Auge behalten werden sollten … (Auszug aus einem umfangreichen Artikel für das Handbuch Kulturmanagement im 1. Quartal 2017).
Kulturhauptstädte verfolgen strategische Ansätze, sollen Diskurse auslösen und in weite Bereiche der Gesellschaft hineinwirken. Anbei einige Aspekte, die als Fehlerquellen bezeichnet werden können.
Kulturelle Besonderheiten der Region müssen berücksichtigt werden. Dies beruht auf der grundlegenden Angst, insbesondere bzw. berechtigterweise von Kulturschaffenden und Künstlern, dass eine Europäische Kulturhauptstadt eine Plattform für den Einkauf von Kunst- und Kulturprojekten darstellt. Es darf defnitiv kein Kunstsupermarkt werden. Kulturelle Eliteprojekte sind zu vermeiden. Nicht die großen Namen sind einzuladen, sondern die Geschichten der Menschen vor Ort und des Lebensraumes gilt es Europa zu erzählen bzw. in einem europäischen Kontext darzustellen.
Beteiligungsprojekte für Schulen und Kindergärten sind mit Beginn des operativen Prozesses zur positiven Wahrnehmung Europas zu fördern. Welches Bild haben junge Menschen von Europa, welches Bild hätten sie gerne? Dieser Grundsatz sollte auch unabhängig einer möglichen Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt gelten und konsequent Einzug in die inhaltliche Planung von Kultureinrichtungen bzw. von Kulturinitiativen werden.
Dies gilt jedoch nicht nur für junge Menschen. Das Bewusstsein für die positive Wahrnehmung Europas sollte generell geschärft werden. Projekte im europäischen Kontext, mit Werkzeugen der Kulturvermittlung, können das Stimmungsbild über Europa verbessern – gerade in Zeiten, in denen rechtspopulistische Strömungen in den verschiedensten Nationalstaaten über Hand nehmen. Die heute 8-jährigen sind beispielsweise 2024 und/oder 2025 wahlberechtigt und entscheiden über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments.
Mit neuem Geld sollen auch neue Inhalte definiert werden. Den Status Quo lediglich zu vervielfachen, wäre zu kurz gedacht. Dies auszuführen würde einen Diskurs über die finanziellen Möglichkeiten von Kommunen nach sich ziehen. Es gilt jedoch darauf zu verweisen, dass mit aktivierender Kulturpolitik die Gesellschaft nachhaltig verändert werden kann. Es kann eine selbstbewusste Gesellschaft entstehen, die sich aktiv am kulturellen Leben beteiligt – im Sinne eines breiten Kulturbegriffs. Gerade neue Maßnahmen im Bereich der Einbindung der Zivilgesellschaft sollten Raum bekommen, was sich jedoch auch in der budgetären Ausstattung von Kulturinstitutionen und -initiativen spiegeln sollte.